Computer und mobile Kommunikationsgeräte (Smartphones, Tabletts usw.) sind fester Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Über diese Quellen werden sie verstärkt mit problematischen und verstörenden Inhalten rund um das Thema Sexualität konfrontiert. Sie wachsen in einer zunehmend sexualisierten Lebenswelt auf mit noch nicht absehbaren Folgen für ihre physische und psychische Gesundheit sowie problematischen Auswirkungen auf das soziale Leben unserer Gesellschaft.

 

Während sexuelle Gewalt noch immer überwiegend aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld des Kindes oder Jugendlichen heraus begangen wird, haben Probleme wie sexuelle Nötigung, die Entkoppelung von Liebe, Zärtlichkeit und Sexualität, problematische Männer- und Frauenbilder überwiegend mediale Ursachen. Information über und Prävention sexueller Gewalt ohne Einbeziehung der Thematik „Internet“ und „digitale Kommunikation“ ist nicht sinnvoll (siehe dazu auch den Beitrag Digitale Medien/Pubertät). Den Heranwachsenden muss vermittelt werden, dass sie nicht alles glauben dürfen, was sie im Netz erfahren und dass sie mit ihren eigenen Daten verantwortungsvoll umgehen müssen.

 

Ein medienpädagogisches Ziel sollte dabei auch immer die Vermittlung von Basiswissen in Hinblick auf wichtige technische und rechtliche Standards sein. So sollten Heranwachsenden z.B. wissen, dass

  • sie nur dann Fotos von sich, auf denen sie wenig oder gar keine Kleidung tragen, an andere im gegenseitigen Einvernehmen senden und wenn sie ganz sicher sind, dass diese verantwortungsvoll damit umgehen
  • es strafbar ist, als Strafmündige Nacktbilder von anderen weiterzugeben oder Kinderpornographie zu besitzen.

Wenig erfolgversprechend ist es, wenn Lehrkräfte vor Sexting warnen und Abstinez fordern. Sie sollten mit den Heranwachsenden über diese Themen sprechen:

  • einvernehmliches Sexting
  • verantwortungsvoller Umgang mit Sexting
  • mögliche Folgen von Sexting

Kompetente Sexualpädagogik beinhaltet auch, dass Heranwachsenden die Möglichkeit haben, über ihre (i.d.R. digitalen) Pornografieerfahrungen zu sprechen und diese angemessen zu verarbeiten.

 

Geschlechterreflektierte Sexualpädagogik ermöglicht Schüler*innen

  • individuell passende Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Interessen bei der Mediennutzung zu entwickeln
  • die gemeinsamen Bedürfnisse von Jungen und Mädchen bei der Mediennutzung zu erarbeiten bzw. sichtbar zu machen
  • eine klare Haltung zu entwickeln in Hinblick auf Sexismus der explizit oder implizit transportiert wird in Games, auf Plattformen, die Videos und/oder Musikclips anbieten, Filmen, Chats usw.

 

Um Grenzverletzungen und sexueller Gewalt mittels digitaler Medien vorzubeugen, sollte ohne zu dramatisieren oder digitale Medien zu verteufeln

  • vor Risiken gewarnt,
  • prosoziales Verhalten im Internet trainiert,
  • das Selbstwirksamkeitserleben der Lernenden gefördert,
  • im Rahmen aktiver Mediennutzung die Folgen dissozialen Verhalten nachempfunden werden können.

 

Werden Kinder oder Jugendliche Opfer von sexueller Gewalt durch Gleichaltrige, z.B. durch Cybermobbing sollte nach diesem Interventionsplan vorgegangen werden.

Werden Heranwachsende Opfer sexueller Ausbeutung und/oder Erpressung mittels digitaler Medien (= Sextortion) gelten diese Regelen:

  • Ruhe bewahren
  • Vorfall mit Vertrauenslehrkraft oder anderen vertrauten Erwachsenen besprechen
  • Beweismittel sichern
  • Strafanzeige erstatten
  • Möglichkeit suchen Bilder, mit denen erpresst wird, löschen zu lassen
  • gegebenfalls offen über das Vorgefallene reden ("Stellt Euch vor, was mir passiert ist. ...") / um selbst steuern zu können, wann und wie darüber gesprochen wird

 

Hier finden Sie Basisinformationen auf diesem Portal zum Thema Sexuelle Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Diese Informationen sind wichtig in Hinblick auf den analogen und den digitalen Handlungbereich!

 

klicksafe

Umfassende Informationen und Materialien zum Thema "Mehr Sicherheit im Internet durch Medienkompetenz" finden Sie bei der der EU-Initiative klicksafe.de. Dort gibt es z.B. auch das klicksafe-Lehrerhandbuch, welches ständig erweitert und aktualisiert wird oder Let's talk about Porno - Jugendsexualität, Internet und Pornografie - Arbeitsmaterialien für Schule und Jugendarbeit.

 

Staatliche Schulberatungsstellen - Schulpsychologen

Über die Staatlichen Schulberatungsstellen finden Sie Schulpsychologen, die auf das Themengebiet Mobbing bzw. Mobbing-Prävention spezialisiert sind. Diese können auch in Hinblick auf das Themengebiet Cyber-Mobbing sehr hilfreiche Ansprechpartner und Unterstützer sein.

 

Handlungsempfehlungen für die pädagogische Praxis

An der SRH Hochschule Heidelberg werden im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt HUMAN (Vobbe & Kärgel) fallbasierte Handlungsansätze zu mediatisierter sexualisierter Gewalt entwickelt. Die Handlungsempfehlungen können Fachkräften der Bereiche psychosoziale Hilfen und Pädagogik voraussichtlich ab Frühjahr 2021 kostenlosen nutzen.

Erste Zwischenergebnisse, Publikationen und Materialien finden Sie hier

 

Beratung digitale Bildung in Bayern

Unterstützung können Sie auch von spezialisierten Beratungslehrkräften erhalten. Das bisherige Netzwerk der Medienpädagogisch-Informationstechnischen-Beratung (= MIB) sowie die Koordinatoren Digitale Bildung (KdBay) gehen im Netzwerk Beratung digitale Bildung in Bayern (= BdB) auf. Die Medienpädagogischen Beraterinnen und Berater (= mBdB) legen ihren Beratungsschwerpunkt auf die Vermittlung medienpädagogischer Kompetenzen und die Informationstechnischen Beraterinnen und Berater (= iBdB) auf informationstechnische und mediendidaktische Kompetenzen. Sie können Ihre/n Berater/-in auch über die zuständige Schulaufsicht kontaktieren.

Zur Problematik des Umgangs von Kindern und Jugendlichen mit stark sexualisierten Internet-Inhalten bieten sie schulinterne und regionale Fortbildungen sowie Einzelberatungen z.B. zu folgenden Themenkreisen an:

Information:

  • Mit welchen sexualisierten Inhalten sind Kinder und Jugendliche im Netz konfrontiert?
  • Wie gehen sie mit diesen Inhalten um?
  • Wie geschieht sexuelle „Anmache“ in Chatrooms und Social Communities wie Facebook?
  • Warum und wie stellen sich Jugendliche selbst in sexuellen Kontexten im Netz dar?
  • Wie trägt die mobile Kommunikation mit Smartphones, Tabletts etc. zur Sexualisierung von Sprache und Lebenswelt Jugendlicher bei?
  • Wo im Internet finden Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer Hilfe, verlässliche Informatio-nen und Unterstützungsgruppen bei sexuellen Übergriffen, Mobbing usw.?

 Prävention:

  • Wie kann man in der Schule und im Elternhaus Kinder und Jugendliche so informieren, stärken und motivieren, dass sie problematische Inhalte, Übergriffe und leichtsinnige Preisgabe intimer Lebensdetails erkennen und vermeiden?

Intervention:

  • Was können Betroffene tun, wenn sie im Netz sexuell belästigt, bloßgestellt wurden oder gar ein persönliches Treffen mit Unbekannten vereinbart haben?
  • Wie ist die Rechtslage z. B. wenn andere Personen kompromittierende Bilder oder Aussa-gen ins Netz stellen? Wie verhält man sich in solchen Fällen?

Diese und zahlreiche weitere Themen bieten die Mitarbeiter/-innen der BdB in der Regel in enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei, den Schulpsychologen/-innen und Beratungslehrkräften an. Die Angebote sind für Schulen im Zuständigkeitsbereich kostenlos.

 

 

Unterricht

Im Kompetenzrahmen zur Medienbildung an bayerischen Schulen vom Bayerischen Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung werden u.a. folgende Ziele genannt

"3. Kommunizieren und Kooperieren

... 3.4 Umgangsregeln, ethisch-moralische Prinzipien sowie Persönlichkeitsrechte bei digitaler Interaktion und Kooperation berücksichtigen"

sowie

"5. Anlaysieren und Reflektieren

... 5.2 ... Einfluss der Medien auf Wertvorstellungen, Rollen- und Weltbilder sowie Handlungsweisen hinterfragen

... 5.4 Potenziale und Risiken der Digitalisierung und des Mediengebrauchs für das Individuum und die Gesellschaft beurteilen"

 

Literatur zum Weiterlesen

Im Artikel "a href="/imaes/Artikel_Böhm_Budde_Dekker_et_al.pdf"""Sexuelle Grenzverletzungen mittels digitaler Medien an Schulen" (Böhm, Budde, Dekker; 2018) finden Sie Informationen zum Forschungsstand bzgl. der Themenfeldern: Sexting, Cyberbullying und Cyber-Mobbing, Schulkultur, Medienpädagogik.