Sexuelle Übergriffe unter Heranwachsenden finden häufig im öffentlichen Raum, insbesondere in Schulen statt (siehe z.B. Young, AM et al., Adolescents‘ experiences of sexual assault by peers: prevalence and nature of victimization occurring within and outside of school. Journal of youth and adolescence. 2009; 38 (8): 1072-1083: 44% der genannten Übergriffe fanden in der Schule statt). Sexuelle Gewalt unter Kinder und Jugendliche gibt es im Handlungsfeld Schule wesentlich häufiger als sexuelle Gewalt durch Erwachsene. Beide Aspekte müssen allerdings immer berücksichtigt werden, wenn Schulen Schutzkonzepte entwickeln.

 

Umfangreiche Informationen und Materialien zum Thema Schutzkonzepte, die im Auftrag des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs entwickelt wurden, sind auf dem Portal "Schule gegen sexuelle Gewalt" zu finden.

Hinweise auf Personen und Instituionen mit deren Unterstützung an bayerischen Schulen, Internaten, Heimen, usw. Schutzkonzepte entwickelt werden können, sind z.B. hier zu finden.

 

 

Zum Themengebiet "Sexuelle Gewalt in Institutionen" gibt es für Deutschland keine Studie, in der sich differenzierte Befunde bzw. absolute Zahlen finden lassen. In den wenigen vorhandenen Erhebungen gibt es Einschätzungen von Schulleitungen und Lehrkräften. Das Deutsche Jugendinstitut befragte 2010 bis 2011 Schulleitungen (1.128 Personen), Vertrauenslehrkräfte (702), Heimleitungen (324) und Internatsleitungen (97) in zufällig ausgewählten deutschen Institutionen. Zusätzlich befragt wurden aktuelle Schülervertretungen (53) und ehemalige Schülervertretungen (24) aus Internaten. Erfasst wurden drei Arten von Verdachtsfällen:

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:

Mindestens ein Verdachtsfall auf sexuelle Gewalt in den letzten drei Jahren, wurde von den Befragten genannt aus

Schulen                   43 %
Internaten                 40 %
Heime                      70 %

Dabei wurde nicht differenziert nach „bestätigtem“, „nicht zu klärendem“ oder als „unbegründet“ eingestuftem Verdachtsfall.

Die Verdachtsfälle wurden differenziert nach folgenden Arten (jeweils wurde von den Befragten mind. 1 Fall genannt):

Schulen, Internate 3 - 4 %
Heime                      10 %
Schulen                 16 - 17%
Internate                28 %
Heime                      39 %
Schulen                   31 - 32 %
Internate                   34 %
Heime                      49 %

Auch in dieser Studie wurde wieder bestätigt, dass Mädchen mit 75 – 82% wesentlich öfter von sexueller Gewalt betroffen sind als Jungen und dass die Täter überwiegend männlich sind. Etwa die Hälfte der Verdachtsfälle ergab sich dadurch, dass sich das Kind selbst einem Erwachsenen anvertraute.

Die Ergebnisse der Studie des Deutschen Jugendinstituts können Sie im Einzelnen hier nachlesen.

 

Sexuelle Gewalt unter Kindern und Jugendlichen auf dem Schulgelände – weitere Forschungsbefunde

Young et al. (Adolescents‘ experiences of sexual assault by peers: prevalence and nature of victimization occurring within and outside of school. Journal of youth and adolescence. 2009; 38(8): 1072-1083) befragten 1000 Schüler zwischen 12 und 19 Jahre. Das von den Befragten beschriebene Verhalten fand überwiegend auf dem Schulgelände statt.

Sexuell übergriffiges Verhalten durch Peers gaben an, erlebt zu haben:

Mädchen                
50%
Jungen                     25%

 

Schwere sexuelle Übergriffe wie Vergewaltigung oder versuchte Vergewaltigung durch Peers gaben an, erlebt zu haben:

Mädchen                
25%
Jungen                      2%

 

Die Altersunterschiede zwischen Täten und Opfern wurden von den Autoren nicht dokumentiert.

 

Sexuell belästigendes Verhalten (z.B. sexualisierte Bemerkungen oder Witze) während der Schulzeit erlebt zu haben gaben an:

Mädchen                
83%
Jungen                     79%

 

Sexuell belästigendes Verhalten, das mit Körperkontakt einherging (z.B. auf sexualisierte Art angefasst werden, an jemandem sexualisiert reiben) erlebt zu haben gaben an:

Mädchen und Jungen                    58%


Opfer exhibitionistischer Handlungen wurden:

Mädchen                
22%
Jungen                     18%

 

 

Von dem Vorgefallenen berichteten die Opfer den Eltern oder einem Familienmitglied (24 % nach verbaler Belästigung bzw. 22 % nach körperlicher Belästigung) bzw. einer Lehrkraft oder einem Mitarbeiter der Schule (20 %). Die meisten Heranwachsenden vertrauten sich einer Freundin oder einem Freund an. 20 % der Opfer erzählten niemandem vom Vorgefallenen.

 

Selbst sexuell belästigendes Verhalten gezeigt zu haben gaben 50% der Mädchen und 57% der Jungen an.