Sexuelle Übergriffe ereignen sich weit überwiegend im sozialen Nahbereich der Opfer. Ein deutlich kleinerer Anteil der Taten wird durch Fremdtäter begangen (siehe auch „Zahlen und Fakten"). Deshalb müssen auch im Zusammenhang mit dem Thema sexuelle Gewalt Fragen der Schulwegsicherheit betrachtet werden. Hier müssen präventive Maßnahmen ergriffen werden, um die Heranwachsenden zu schützen bzw. um schnell tätig werden zu können, falls ein Übergriff stattgefunden hat. Eltern und Lehrkräfte müssen die Kinder zur Übernahme von Verantwortung und zur Entwicklung individueller Strategien anleiten, die zu mehr Sicherheit führen. Sicherheit entsteht aber auch hier nicht nur aus einer Stärkung der Selbstsicherheit der Kinder. Wo immer es möglich und sinnvoll ist, sollten von Schulen, Eltern und Sicherheitsorganen gemeinsame Strategien erarbeitet werden, um Kinder auf dem Schulweg zu schützen.
Gefährdungen und Sicherungsmöglichkeiten auf dem Schulweg
Wenn man Kinder so umfassend schützen und bewahren wollte, dass ihnen nach menschlichem Ermessen nichts widerfahren kann, müsste dies dazu führen, dass sie permanent gegängelt, beaufsichtigt und überwacht werden. Die Folgen würden die besten Schutzabsichten in kurzer Zeit in ihr Gegenteil verkehren: Die Kinder würden überängstlich, demotiviert sowie unselbständig, sie würden in Abhängigkeit gehalten und ihre Autonomieentwicklung damit behindert.
Zum Heranwachsen von Kindern gehört es, dass sie sich zunehmend eigenverantwortlich ihre Lebensräume erobern. Sie müssen Gefahren richtig einschätzen lernen, die ihnen begegnen. Sie müssen diese Herausforderungen bewältigen - alleine oder mit der Hilfe von anderen.
Schulwege für Kinder müssen von den Erwachsenen eingeschätzt und gesichert werden, die für das Wohlergehen und die Unversehrtheit der Kinder verantwortlich sind. Das sind in erster Linie Eltern, Lehrkräfte und Polizeibeamte, die gemeinsam tätig werden sollten. Alleingänge bergen die Gefahr, wichtige Aspekte zu übersehen oder diese falsch zu bewerten.
Gerade sogenannte "Schwellensituationen" erhöhen die Gefahrensituationen für Kinder spürbar. An der Schwelle zu neuen Erfahrungen stehen Kinder z.B. als Schulanfänger, bei Schulwechsel oder bei Schulwegänderungen wegen eines Umzugs.
Vorgehensweisen
Das Gespräch über Sicherungsmöglichkeiten so früh wie möglich aufnehmen und in angemessenem Abstand wiederholen.Kinder auf Möglichkeiten hinweisen, Belästigungen zu entgehen und auf Gewalt zu reagieren. Dieses selbstbewusste und sozial kompetente Verhalten muss vermittelt und mit den Kindern eingeübt werden.
Kinder sollten lernen,
- aufeinander zu achten, sich gegenseitig zu warnen oder sich in unüberschaubaren Gefahrensituationen beizustehen, unübersichtliche Stellen und Wegstrecken nicht alleine zurückzulegen.
- sich im Notfall nicht zu verstecken, sondern in die Richtung wegzulaufen, wo es hell ist und Menschen sind.
- Belästigungen und Bedrohungen zu widerstehen, ohne in Panik oder Hysterie zu geraten, was gerade bei der sexuellen Belästigung durch Exhibitionisten eine Eskalation verhindert.
- auf sich selbst zu vertrauen und rechtzeitig Hilfe bei vertrauenswürdigen Erwachsenen zu suchen.
- wo sich konkrete Anlaufstellen auf ihrem Schulweg befinden, z.B. ein Geschäft, in dem sie um Hilfe bitten können.
Im Zusammenwirken mit den Elternvertretungen an der Schule sollte allen Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten nahegelegt werden, jede – z.B. krankheitsbedingte – Abwesenheit vor Unterrichtsbeginn der Schule mitzuteilen. Dies kann telefonisch erfolgen, aber auch auf geeignete andere Weise, z.B. durch Weitergabe entsprechender Mitteilung über Mitschüler. Gemäß KMS vom 21.02.2001 Nr. III/5-S4313-6/147 hat die Schule bei unentschuldigtem Fernbleiben von Schülern der Jahrgangsstufen 1 bis 8 sofort nach Unterrichtsbeginn die Erziehungsberechtigten davon in Kenntnis zu setzen, dass das Kind nicht im Unterricht erschienen ist. Sind die Erziehungsberechtigten nicht zu erreichen, so muss die Schule nach Lage des Falls entscheiden, ob und wann es gerechtfertigt ist, die örtlich zuständige Polizeidienststelle zu verständigen. Unabhängig davon bleibt es die Verpflichtung der Schule, den Erziehungsberechtigten einen vorzeitigen Unterrichtsschluss mitzuteilen bzw. für eine Betreuung bis zum vorgesehenen Unterrichtsende Sorge zu tragen.