Anzeige und deren Folge
Wer und wie?
Sexueller Missbrauch von Kindern ist eine Straftat.
Grundsätzlich kann jeder Anzeige erstatten, der Kenntnis von dem sexuellen Missbrauch eines Kindes hat. Die Anzeige kann schriftlich oder mündlich erfolgen und ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie muss grundsätzlich bei jeder Polizeidienststelle oder der Staatsanwaltschaft entgegen genommen werden. Es empfiehlt sich jedoch, die Anzeigen bei der polizeilichen Fachdienststelle für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erstatten. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Pflicht, sobald sie vom Verdacht einer strafbaren Handlung erfahren, den Sachverhalt zu erforschen. (Strafverfolgungszwang).
Wird das Kind durch die Anzeige vor weiterer sexueller Gewalt geschützt?
Nach einer Strafanzeige wird nicht jeder mutmaßliche Täter auf Dauer eingesperrt. Die Staatsanwaltschaft hat zunächst zu prüfen, ob überhaupt die im Gesetz festgelegten Gründe vorliegen, die eine Untersuchungshaft bis zu der eigentlichen Hauptverhandlung zulassen. Diese Prüfung hat auf der Grundlage der polizeilichen Ermittlungen und Zeugenbefragungen zu erfolgen. Die Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls trifft dann eine Richterin bzw. ein Richter.
Wie lange nach einer Tat ist eine Strafanzeige möglich?
Sexuelle Straftaten gegen Kinder können zu einem großen Teil noch nach mehreren Jahren angezeigt werden. Die Verjährung bei Verfahren wegen sexuellem Missbrauch an Kindern ruht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Fragen hierzu können mit einem Rechtsbeistand geklärt werden.
Was passiert nach einer Strafanzeige?
Polizeiliche Vernehmung des Kindes
In vielen Fällen sexuellen Missbrauchs sind die Angaben des Kindes zunächst einmal die zentralen Beweise. Aus diesem Grund kommt der Anhörung des Kindes durch die Polizei eine hohe Bedeutung zu. Speziell geschulte Beamtinnen und Beamte der jeweiligen Fachdienststelle befragen das Kind. In einigen Polizeibehörden gibt es zu diesem Zweck auch so genannte Kinderanhörungszimmer. Das sind kindgerecht gestaltete Räumlichkeiten, in denen die Befragung des Kindes in Bild und Ton aufgenommen und damit später dokumentiert werden kann. Das ist sehr wichtig, um das Zustandekommen der "Kinderaussagen" nachvollziehbar zu machen und den Vorwurf einer Beeinflussung von Vorneherein auszuschließen. Wenn die erste Anhörung durch die Fachdienststelle der Polizei sehr ausführlich und professionell ist, muss das Kind in der Regel nicht mehr vernommen werden.
Mit der besonderen Fachdienststelle der Polizei können Sie Vorgehensweisen bei der Anzeigenaufnahme mit den zuständigen Ermittlungsbeamtinnen und Beamten besprechen.
Muss das Kind allein zur polizeilichen Vernehmung?
Nein, das Kind hat das Recht, bei der polizeilichen Befragung von einer Vertrauensperson begleitet zu werden. Es sollte sich jedoch um eine Person handeln, die nicht als Zeugin oder Zeuge im Ermittlungsverfahren in Betracht kommt.
Kann man eine Strafanzeige zurücknehmen?
Sobald eine Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft erstattet wurde, können die laufenden Ermittlungen nicht mehr gestoppt werden. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen ihrem uneingeschränkten Strafverfolgungszwang nachkommen, auch nach Rücknahme der Anzeige und auch ohne aktives Mitwirken des Opfers. Gerichtliche Entscheidungen werden in solchen Fällen nach der bis dahin erlangten Beweislage getroffen.
Allerdings kann ein Ermittlungsverfahren auch eingestellt werden, wenn aufgrund der fehlenden Bereitschaft zur Mitarbeit eine Verurteilung der Täterin oder des Täters nicht wahrscheinlich ist. Dies gilt besonders für die Fälle, in denen dem Kind ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, etwa wenn der Täter verwandt oder verschwägert ist.
Geschieht die Rücknahme der Strafanzeige aufgrund von Druck und Drohungen des Täters, sollte dies unbedingt den Ermittlungsbehörden mitgeteilt werden. In solchen Fällen kann geprüft werden, ob der Täter bis zur eigentlichen Gerichtsverhandlung in Untersuchungshaft genommen wird.
Wie geht es nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen weiter?
Die polizeiliche Ermittlungsakte wird an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Diese entscheidet als "Herrin des Ermittlungsverfahrens" über das weitere Vorgehen, zum Beispiel Verfahrenseinstellung oder Klageerhebung bei Amts- und Landgericht. Falls das Verfahren eingestellt wird, wird das den Geschädigten mitgeteilt und es gibt die Möglichkeit der Beschwerde.
Wenn in einem Fall Anklage erhoben wird, folgt eine Hauptverhandlung.